Samstagabendandacht auf dem IJT - Ein Blick hinter die Kulissen

Neben vielen schönen, kleineren Andachten gab es auf dem IJT 2019 die sogenannten "Big Five": gemeint sind damit, die drei Abendandachten in Halle 8a und die zwei Morgenandachten auf der Open-Air-Bühne. Im Interview berichten ein Initiator des Pantomimenschauspiels zur Musik von "Pirates of the Caribbean", Christian Köhler, und eine der Darstellerinnen, Rebekka Siemionek, darüber, wie Gott gefügt hat und über die Herausforderungen einer Gruppenperformance, die ganz ohne gesprochenes Wort auskommen muss.

Hinweis: Dieses Interview enthält eine Verknüpfung zu einem Beitrag der in der September-Ausgabe der SPIRIT, der Zeitschrift des Friedrich Bischoff Verlages, veröffentlicht wird.

Das Stück hattet ihr bereits 2008 konzipiert. Warum hattet ihr euch damals für Pantomime entschieden und auf Text verzichtet?

Christian: Damals stand als erster Gedanke bei einigen Jugendlichen im Raum etwas mit Tanz zu machen, wovon der andere Teil überhaupt nicht begeistert war und sich auch für unbegabt hielt. Das gleiche galt nach wenigen Diskussionen dann auch schon für sprachliches Schauspielern. Unsere Jugendgruppe war damals auch etwas „geteilt“: in die Jüngeren, die unbedingt etwas neues, ganz anderes machen wollten, und die Älteren, die eher klassischer geprägt waren. So kam recht schnell der Gedanke an ein Stück bei dem keiner tanzen und keiner etwas sagen muss.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, den Soundtrack der Filmreihe "Pirates of the Caribbean" als Grundlage zu nehmen?

Christian: Uns war natürlich klar, wenn wir Emotionen im Stück haben wollen, musste es eine hochemotionale Musik sein, die das Gespielte und die Botschaften des Stückes mehr als nur unterstreicht. Zu dieser Zeit war der zweite Teil der Filmreihe auf dem Markt und unter den Jugendlichen bekannt. Dazu muss man sagen, dass da wirklich zuerst die Musik war und dann erst die Handlung dazu kam. Wie es dann zu der eigentlichen Verknüpfung zwischen Handlung und Musik kam, ist schon spektakulär. Ich bin viel im Auto unterwegs und hatte mir den Soundtrack angehört. Es war schon fast ein wenig unheimlich… beim Hören der Musik hatte ich plötzlich bei bestimmten Musikstücken die wesentlichen Kernszenen der Handlung vor Augen. Der Rest entwickelte sich in den Proben wie von selbst.

Während die Gründerbesetzung das Stück gemeinsam zum Leben erweckte, war die Choreographie bei euch bereits klar. Habt ihr das als Vor- oder Nachteil empfunden?

Rebekka: Ich weiß nicht, ob das Stück so schön geworden wäre, wenn so unmusikalische Menschen wie ich damals in der Gruppe gewesen wären. Dementsprechend war ich schon froh, dass wir „nur“ noch proben mussten. Der größte Nachteil daran war der Druck, den wir uns selbst gemacht haben. Wir hatten von so vielen gehört, dass das Stück beim ersten Anschauen Gänsehaut und Tränen verursacht hatte. Außerdem waren Christian und andere Darsteller von damals dabei.

Christian: Ach, echt? Das habe ich gar nicht bemerkt.

Rebekka: Konntest du ja auch nicht. Das haben wir ja auch nur in den Pausen besprochen, wenn du gerade schon die nächste Szene im Kopf hattest. Wir hatten große Angst, deinen Ansprüchen und den der anderen niemals gerecht werden zu können. Ich meine, wie oft hat man sich gewünscht, ein Buch noch einmal das erste Mal lesen zu können, um noch einmal genauso geflasht zu werden wie damals? Wie sollten wir dieses Gefühl hervorrufen?

Christian: Siehst du, meine Erwartungen waren wiederum durchweg positiv. Die Jugendlichen, die sich gemeldet hatten, mitzuwirken, waren hochmotiviert, hatten begriffen, worum es ging und sind von Probe zu Probe gewachsen.

Heißt das eigentlich auch, dass ihr alles 1:1 übernommen habt?

Rebekka: Nein, kritisieren ist schließlich immer einfacher als selbst ein Stück komplett durchzuplanen 😉 Christian und Jürgen waren für gute Ideen wirklich offen und gaben uns immer wieder die Möglichkeit, auch Kleinigkeiten zu verändern, damit sich die Szenen für uns persönlich natürlicher anfühlten.

Bei so einer Performance mit so vielen Personen muss alles punktgenau stimmen. Was war dabei die größte Hilfe?

Rebekka: Ehrlich gesagt, Gottvertrauen, viele Proben und noch viel mehr Gebete. Irgendwie waren nämlich nie alle Akteure gleichzeitig da. Es war schwierig, einfach mal mit allen zu üben. Christian holte manchmal sogar unsere Hauptdarstellerin Jasmin aus Dresden ab, damit sie an der Probe teilhaben konnte. Wir probten also manchmal Freitagnacht noch und zweifelten echt an uns, weil wir müde und erschöpft gewesen waren. Jedoch war uns klar, dass wir nur Gottes Gefäße sind und dass er sicher wollte, dass die Botschaft die Jugend erreicht. Also beteten wir, dass wir als seine Werkzeuge funktionieren, wenn dann hunderte Menschen uns dabei zuschauen würden.

Welche Botschaft wolltet ihr mit dem Schauspiel vermitteln?

Christian: Das Stück wurde 2008 anlässlich einer Jugendfreizeit mit dem Motto „Gemeinschaft“ entwickelt und uraufgeführt. Bei EJT-Vorbereitungskonzerten in Leipzig und Halle hatten wir es dann 2009 perfektioniert. Wir haben recht schnell gemerkt, dass die Aussagen des Stückes aber auch ein Volltreffer auf das Jugendtagsmotto „Hier bin ich“ sind. Es enthält Hinweise darauf, ein wachsames christliches Auge auf den Nächsten zu haben und die Botschaft, als Jugend zusammenzuhalten und zu sagen „Hier sind wir“. Es zeigt aber auch, wie wichtig es ist, wachsam zu sein und sich nie in falscher Sicherheit zu wiegen. Es berichtet von Gebetserhörung, macht Hilfe und die Stärke der Gemeinschaft Fühl- und Greifbar. Schlussendlich zeigt das Stück im Höhepunkt, dass du nie allein bist und dass, wenn es scheinbar nicht mehr auszuhalten ist, Gott machtvoll eingreifen kann und dir ganz persönlich zeigt: „Hier bin ich.“ Dabei konnte der aufmerksame Beobachter feststellen, dass in dem Stück sehr viel mit Händen gearbeitet und dargestellt wurde und es somit sogar eine Verbindung zum Key Visual des Jugendtags gibt.

Das Stück hätte es ja fast gar nicht auf die große Bühne geschafft. Was hat dazu geführt, dass es doch noch seinen Platz auf dem IJT fand? Und wie kam es zu der Kooperation vom Leipziger und Gothaer Bezirk?

Christian: Wir bekamen einen Platz am Samstagvormittag in einem Raum im CCD-Süd zugewiesen. Danach kam erst die Abfrage, welche technischen Mittel wir benötigen. Da war dann ganz schnell klar, dass es dort gar nicht geht. Das Stück benötigt ein Mindestmaß an Lichteffekten, somit auch eine gewisse Dunkelheit im Raum. All das war dort nicht möglich und bei einem Vormittagstermin war mit Sonneneinstrahlung im Raum zu rechnen. Kurzum alle Vorfreude und bereits gelaufene Organisation schien sich auf aufzulösen. In einem Telefonat mit meinem lieben Freund und Bezirksjugendbetreuer des Bezirkes Gotha Markus Weyh ergab sich dann der rettende „Strohhalm“. Die Gothaer Jugend sollte die Abendandacht in der Halle 8a gestalten und hatte noch nicht so was richtig Packendes in der Tasche. Also taten wir uns zusammen und so bekam unsere Inszenierung plötzlich doch noch Dunkelheit, viel Technik und dank der Kameras gute Sichtbarkeit für alle. Es gab dann zwar noch einige Hürden, aber das würde hier zu weit führen.

War einer dieser Hürden, die Tatsache, dass zwei Tage vor der Aufführung bereits die zweite Umbesetzung einer Hauptfigur geben musste? Was war da los? Gab es Verunsicherungen und wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen?

Christian: Ja, das hat uns Sorgen bereitet, obwohl wir von Anfang an daran gedacht hatten, die wichtigen Schlüsselrollen doppelt zu belegen. Schließlich kann ja immer etwas passieren. Zuerst fiel Lena Irrgang mit Knieproblemen aus. Sie sollte eigentlich die Rolle der „Entrissenen“ spielen. Es ist eine ziemliche Actionszene, das geht mit Knieschmerzen gar nicht. Lydia ist eingesprungen und sie hatte sich in die Rolle sehr gut hineingespielt. Jedoch erlebt sie gerade eine sehr schwierige Lebenssituation in der Familie, da ihre Mutter schwer erkrankt ist. Das spitzte sich plötzlich so zu, dass sie wenige Minuten nach der Ankunft auf dem IJT wieder abreisen musste. Eine enorme nervliche Belastung für sie. Rebekka hatte die Szene mal in einer Probe gespielt und gezeigt, dass sie ein wahres Allround-Talent ist. Ihre Stärke ist, sich sehr mutig und mit Hingabe in eine solche Situation hineinfallen lassen zu können. Sie sieht dann nicht lauter Bedenken, sondern macht einfach mal. Ein Idealzustand für solch eine Arbeit. Gebetet haben wir viel und Gott hat es schlussendlich alles wohl gemacht.

Apropos, Actionszene. Rebekka, du wurdest von deinem Schauspielkollegen Felix  niedergerissen. Wie lang habt ihr daran gearbeitet, damit es so echt aussieht?

Das witzige daran ist, dass wir bei der Aufführung wirklich gestürzt sind. Ich habe versucht die Musik auszublenden und mich auf meine Rolle zu konzentrieren, die gerade einfach nur erschöpft ist und vom Weg abkommt. Nur an der Musik hätte ich ja gemerkt, dass Felix mich gleich umreißen würde. Und Felix hatte ich wiederum vorher darum gebeten, dass er mich so heftig wie möglich umschubsen sollte, damit es nicht aussehen würde, als würde ich mit ihm mitlaufen und dann theatralisch vorsichtig auf den Boden fallen. Er hatte sich extra eine neue Anzughose gekauft und auch ich trug meine Lieblingshose. Beide waren nach dem Sturz aber am Knie aufgerissen, weil die Szene einfach zu gut funktioniert hatte. Als wir dann am Ende minutenlang knien mussten, tat mein Bein so sehr weh, dass ich mich nicht wie die anderen abstützen konnte. Also habe ich mich zittrig auf das gesunde Knie gestützt und versucht, nicht umzukippen.

Erst am Tag der Andacht gab es die Entscheidung, dass am Ende doch noch ein Gebet gesprochen werden soll und es nicht mit dem Applaus für die Akteure enden soll. Warum hast du dich dafür entschieden?

Christian: Markus Weyh und sein Bruder Jan – uns verbindet eine lange Freundschaft – wir haben uns oft noch in der Nacht „Am Bully“, dem Stand des Netzwerkes Apostolische Geschichte getroffen und den Tag etwas Revue passieren lassen. Dabei wurde von der vorhergehenden Abendandacht berichtet, wie sie mit einem spontanen Gebet aus den Reihen der Akteure beendet wurde und welch tolle Empfindungen dies bewirkt hatte. Da fiel es uns im Prinzip wie Schuppen von den Augen. Eine Abendandacht ohne Gebet? Geht ja eigentlich gar nicht.

Rebekka: Lustigerweise hatte ich erst ein paar Tage zuvor mit Bezirksapostel Krause telefoniert und mir bestätigen lassen, dass wir eine Andacht auch ohne Gebet beenden dürfen. Aber bei der Generalprobe sprachen wir uns dann ab, dass Tina nach dem gemeinsamen Lied einfach auf ihr Herz hören solle und dann entscheidet, ob sie betet oder nicht. Gut, dass sie sich dafür entschieden hat.

Christian: Ja, das stimmt. Uns kam in den Sinn, dass die Schlussszene unseres Stückes alle Akteure zeigt, wie sie sich an den Händen halten und gemeinsam Gott loben und danken. Dieses Bild wollten wir zum Schluss in die Reihen des Publikums tragen und sie somit zum Bestandteil des Stückes machen. Alle sollten sich zum Gebet mit ihrem Nachbarn die Hand reichen. Das Konzept ging auf und es gab nur eine, die spontan genug war diese Sache mit dem beten auch noch umzusetzen. Danke, Rebekka.

Rebekka: Also eigentlich muss ich dir und Markus für diese Herausforderung danken. Da das alles sehr spontan war und wir wenig Zeit hatten, war ich sehr ängstlich und befürchtete, dass mir mitten in diesem wichtigen Moment, das Mikrofon aus der Hand fallen und die Atmosphäre zerstören würde. Aber ich war ja nicht allein. Wir hielten uns alle gegenseitig fest und ich versuchte einfach so zu beten, dass wir alle etwas daraus mitnehmen könnten.

Christian: Ja, vor allem konnten wir nicht alle Mitwirkenden genügend darauf einstimmen. Wir hatten von Probe zu Probe ein Schlusskonzept mit Verbeugung und einer anderen Musik eingeübt, was wir nun spontan und kurzfristig einfach geändert hatten. Aber alle haben sich super darauf eingestellt und das neue Konzept super mitgetragen. Letztlich sollte eine gute Dramaturgie das Angerührt sein der Zuschauer immer vor die Empfindungen der Darsteller stellen. Und so waren wir alle eins. Ein schönes Gefühl.

Welche Rückmeldung habt ihr auf eure Andacht erhalten?

Christian: Durchweg sehr positiv. Damals wie heute. Begriffe wie Gänsehaut-Momente. Hammer! Einfach stille Umarmungen. Das ist es, was man mit einer Abendandacht – noch dazu jene vor dem Sonntagsgottesdienst mit dem Stammapostel – erreichen möchte.

Was war dein persönlicher Höhepunkt in der Andacht?

Rebekka: Abgesehen von dem wunderschönen Lied „Still“ am Anfang der Andacht war es wohl, dass ich vor Aposteln und anderen hohen Amtsträgern auf einer Bühne stehen und dieses Gebet sprechen durfte. Allgemein war das Beste an der Andacht also tatsächlich die Gemeinschaft. Meine Schauspielkollegen und die Organisatoren, von denen ich zuvor fast niemanden kannte, haben inzwischen einen besonderen Platz in meinem Herzen und ich bin wirklich dankbar für sie alle.

Welche Auswirkungen hatte das Stück auf die Akteure?

Christian: Du kannst so etwas nicht spielen und dann so tun, als geht es dich nichts an. Wenn du das Stück spielst, merkst du, dass vieles davon sehr real ist und dann verändert es dich ein wenig: als hättest du das wirklich erlebt. Es ist wie ein Trainingseffekt für die realen Lebenssituationen. Wenn du wachsam bist und die nächste Versuchung naht, dann fällt dir plötzlich der schwarze Typ ein, wie er versucht dich wegzuziehen oder versucht dich aus der rettenden Gemeinschaft herauszureißen.

Danke für diese Überleitung, denn für die inhaltliche Auseinandersetzung mit eurem Stück stellt sich noch die Frage zu eben diesem Typen: Waren er und die anderen schwarzgekleideten Darsteller Teufel oder was stellten sie dar?

Rebekka: Nein, nicht unbedingt. Das Tolle an so einem Stück ist natürlich, dass jede Person das hineinlegen kann, was sie gerade für ihren persönlichen Glaubenskampf benötigt. Deswegen würde ich ungern vorgeben, wer genau diese Personen seien. Aber für uns waren sie viel mehr all die Sachen, die uns davon abhalten, bei Gott zu bleiben und ihn zu erkennen. Das können Personen, aber auch Dinge wie das Überangebot an weltlichem Spaß sein. Manchmal sind es aber auch gewisse Situationen, Missverständnisse und Gefühle wie Eifersucht, Neid oder Angst, die uns von der Gemeinschaft zu Gott abhalten. Deswegen war uns auch wichtig, dass bei der Verbeugung alle drei schwarz gekleideten Schauspieler ihre obere Schicht ablegten und am Ende ebenfalls in weißer Bekleidung vor dem Publikum standen. Auch sie gehören zu unserer Gemeinschaft und sind nicht das pure Böse, sondern gehören einfach zu unserem Leben. Es ist nur die Frage, wie wir mit eben diesen Dingen umgehen.

Danksagung

Wir schließen mit Dank. Der geht von ganzen Herzen für ein „Hier bin ich und mache mit!" an Lydia, Lisa, Alisa, Laura, Rebekka, Lena, Johanna, Stefanie, Chris, Deborah, Jasmin, Eric, Susanne, Marcel, Felix, Teresa, Jürgen, Dario, Maria, Jessica und Markus. Ein besonderer Dank gilt auch Daniel Knop und Lukas Neuss die von technischer Seite dann doch mehr ermöglicht haben als ursprünglich gedacht.

Internationaler Jugendtag 2019 in Düsseldorf

Der Internationale Jugendtag (IJT) fand vom 30. Mai 2019 bis 2. Juni 2019 auf dem Messegelände in Düsseldorf statt. Weitere Informationen finden sich auf der Internetseite www.ijt2019.org.